Reglerkonzept - Anschlag vs. Endlos - September 2015
Beim Drehknopf eines digitalen Reglers gibt es zur Wahl der Geschwindigkeit zwei grundlegend unterschiedliche funktionale Konzepte. Die Wahl ist entscheidend für die spätere Bedienung der Anlage.
- Analoges Vorbild: Der Regler des klassischen Trafos für die Modellbahn unserer Väter ist dazu gedacht die Spannung für das Gleis stufenlos zu wählen. Eine höhere Spannung sorgt im Elektromotor für eine höhere Drehzahl und bestimmt so die Geschwindigkeit.
Mit dem Regelknopf über die mittige 0-Stellung nach links gedreht wurden Plus und Minus umgepolt, das Modell fährt nun rückwärts über die Anlage.
Eine Besonderheit war hierbei das Konzept von Märklin, bei dem die Richtung des Modelles vorab gewählt wird und dann der gesamte Regelbereich die Wahl der Geschwindigkeit ermöglicht.
- Digital-Konzept 1 - Anschlag: der Drehknopf ist einem analogen Modellbahn-Trafo nachempfunden. Der Regler hat daher eine klar erkennbare, absolute Stellung rechts -- links (= vorwärts -- rückwärts) mit Endanschlag und 0-Stellung in der Mitte.
Alternativ das Konzept von Märklin mit Richtungsvorwahl, das ebenfalls seinem analogen Vorbild direkt entsprach.
- Konzept 2 - Endlos: der Drehknopf ist wie ein Mausrad, kennt also keine absolute Position. Der Knopf lässt sich endlos in die eine oder andere Richtung drehen. Die aktuell gewählte Position des Reglers, also die Geschwindigkeit, ist am Drehrad selbst nicht erkennbar. Dazu ist eine externe Anzeige nötig, welche auch die Fahrtrichtung ausweist.
Einsteiger-Zentralen: MultiMaus vs. Mobile Station
Zunächst erscheint das Nachbilden der analogen Welt ein vernünftiger Weg, da viele Modellbahner diese klassische Steuerung aus eigener Erfahrung kennen und sie auch sofort verständlich wird. Ein weit verbreiteter Regler mit diesem Konzept und 0-Mittelstellung ist die MultiMaus aus den Einsteiger-Sets von Roco und Fleischmann.
Dagegen setzen Märklin und Trix nach der Abkehr vom digitalen Regler mit Anschlag (seinerzeit Baugleich mit Arnold) mit ihrer Mobilen Station seit 2004 MS1, ab 2009 MS2 nun auf das Konzept des Endlos-Reglers. Aber warum?
Digital eröffnet neue Möglichkeiten
In der digitalen Welt können beliebig viele Loks gleichzeitig in einem Stromkreis fahren. Braucht man bei Analog zum Beispiel für jeden Kreis einen Trafo um damit je eine Lok zu steuern, reicht bei Digital dazu ein Regler mit dem man zwischen den Loks wählt, statt wie bisher den Trafo = Regler zu wechseln.
Endlosregler für den Mehrzug-Betrieb klar im Vorteil
Für eine Modellbahn die mehr als eine fahrende Lok gleichzeitig "verträgt", ist der Wunsch insbesondere mit einem Handregler daher naheliegend, mit diesem einen Regler nacheinander immer wieder eine andere Lok anzusprechen, statt ständig den Regler zu wechseln. Hierbei kommt uns nun aber ein Regler mit einer absoluten Stellung in die Quere. Dieses Konzept macht einen entspannten Lokwechsel zwischen zwei fahrenden Modellen im Betrieb praktisch unmöglich.
Beschreibung des Problems am konkreten Beispiel
Gegeben sei ein Rundkurs auf dem sich zwei fahrende Züge befinden, so wie in diesem Clip zu sehen. Kontrolliert man aktuell den vorausfahrenden Personenzug und dessen Lok fährt "halbe Kraft voraus", dann ist der Regler entsprechend gestellt (zum Beispiel auf 100 wie im Bild Arnold digital).
Nehmen wir nun an, dass die zweite Lok (die rote V160 Lollo) gerade rückwärts fährt. Im Digitalbetrieb ist vorwärts / rückwärts bei jeder Lok individuell unabhängig. Das meint, dass eine Lok vorwärts und eine andere rückwärts dennoch in derselben Richtung auf dem Gleis unterwegs sein können - so wie beim Vorbild.
Die Aufgabe an unseren Modellbahner ist nun, die nachfolgende V160 ein klein wenig langsamer fahren zu lassen.
Man ahnt es bereits:
Schaltet unser Modellbahner mit der MultiMaus von der ersten Lok zur V160 um, erhält die Lollo beim ersten Versuch die Geschwindigkeit anzupassen, den Befehl "halbe Kraft voraus" von der Reglerstellung der bisherigen Lok und wechselt daher abrupt ihre Fahrtrichtung. Schon ist das Malör passiert.
Bei einem Regler mit Endlos-Drehrad wird im Gegensatz dazu bei einer erneuten Anwahl eines Modells, dieses dort "abgeholt" wo man es verlassen hat. Eine bestimmte Stellung (z. B. 100) kennt das Rad nicht.
Kann man das Problem umgehen?
Eine Alternative ist ein separater Regler für jedes auf der Bahn aktive Modell. Der Anschluss von zumindest zwei Reglern an der Basisstation ist möglich.
Manche Modellbahner schalten zur Umgehung des beschriebenen Effektes zuerst auf eine inaktive Lok, drehen den Regler auf die etwa passende Stellung und schalten dann weiter auf das eigentlich zu regelnde Modell. Andere wiederum haben mit träge reagierenden Einstellungen der Beschleunigungs-Parameter im Decoder (relativ hohe Werte in CV3 und CV4) gute Erfahrungen gemacht.
Mein Fazit
Für kleine Anlagen mit nur jeweils einer fahrenden Lok - oder auch zwei Loks bei zwei Reglern, spielt das Reglerkonzept keine Rolle. Für Rangierfahrten mit einer ausgewählten Lok zu einer Zeit ist ein Regler mit Mittelstellung / Anschlag sogar eine durchaus angenehme Lösung. Für den Betrieb mit mehreren fahrenden Zügen auf einer Anlage ist ein Endlosregler aber unbedingt zu empfehlen.
Als Abschluss eine Seite mit einer guten Übersicht historischer und aktueller Digitalzentralen und Regler.